2. Zufrieden
eingeladen – von anderen Menschen zu lernen
Man konnte zu ihr kommen zu jeder Zeit.
Sie hatte für Kinder immer was Gutes bereit,
verwöhnte uns auf jede erdenkliche Weise
mit Kuchen, Popcorn und grüner Götterspeise.
Über Besuch hat sie sich spürbar gefreut,
für ihre Gäste keine Mühe gescheut.
Ich weiß, dass sie viel für uns gebetet hat,
ganz besonders, wenn man sie darum bat (was ich oft tat).
Und wenn man sie fragte, wie es ihr geht, dann sagte sie entschieden:
„Ach, danke schön, ich bin‘s zufrieden.“
Als der Krieg begann, war sie eine junge Frau.
Es ist lange her, doch sie weiß es noch genau.
Und denkt sie an diese schlimmen Zeiten zurück,
verdüstert sich für kurze Zeit ihr Blick.
Doch selbst in diesen fürchterlichen Jahren
konnte sie ihr großes Vertrauen bewahren.
Ich kannte sie nur fröhlich und guten Mutes
und von anderen erzählte sie ausschließlich Gutes.
Und wenn man sie fragte …
Bis ins hohe Alter lächelte sie verschmitzt,
war das, was sie sagte, liebevoll und gewitzt.
Auch als die Beine nicht mehr so richtig wollten,
die Hände nicht mehr das taten, was sie sollten.
Niemals hörte ich sie ihre Lage beklagen,
irgendetwas Unfreundliches sagen.
Nur der Kräutertee im Krankenhaus widerstrebte ihr,
und da bat sie mich am Abend: „Gell, bringst mir ein Bier!“
Und wenn man sie fragte …
Nun ist sie schon seit vielen Jahren gestorben.
Ich frag mich bis heut, wie sie diese Haltung erworben.
Woher nahm sie nur diese Leichtigkeit
und so viel genügsame Bescheidenheit?
Sie hat mir durch ihr schlichtes und einfaches Leben
ein wirklich unvergessliches Beispiel gegeben.
Ich hoffe, sie sieht von ihrem himmlischen Ort:
Ein kleines Stück von ihr lebt in mir fort.
Denn wenn man mich fragt, wie es mir geht, dann sage ich entschieden:
„Ach, danke schön. Ich bin‘s zufrieden.“
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